André Tchaikowsky André Tchaikowsky (1935-1982)

  • geboren am 1. November 1935 in Warschau als Robert Andrzej Krauthammer. Die Eltern, Karl und Felicja K. (geb. Rappaport) hatten sich 1934 in Paris kennengelernt, rasch geheiratet, aber kurz vor oder nach der Geburt Andrzejs wieder getrennt. Karl K. geht zurück nach Paris.
  • Schon als Vorschulkind lernt Andrzej lesen und Klavier spielen, teils von seiner Mutter, überwiegend aber autodidaktisch.
  • Mitte November 1940 riegeln die deutschen Besatzer den überwiegend von Juden bewohnten Teil Warschaus ab und errichten das Ghetto. Das Haus von Andrzejs Großeltern, in dem auch er und seine Mutter und mehrere andere Verwandten wohnen, liegt mitten im Ghetto. Großmutter Celina ist kurz vorher in den polnischen Stadtbezirk gezogen und hat eine falsche Identität angenommen. Sie besucht aber regelmäßig das Ghetto und versorgt ihre Angehörigen mit Lebensmitteln.
  • Im Juli 1942 beginnen Massendeportationen aus dem Ghetto in Vernichtungslager. Celina schmuggelt Andrzej aus dem Ghetto und bringt ihn nacheinander bei verschiedenen polnischen Familien unter, teils gegen Bezahlung. Sie verschafft ihm und sich selbst falsche Papiere auf den Namen Czajkowsky. Felicja bleibt bei ihrem zweiten Ehemann Albert Rozenbaum im Ghetto. Beide werden vermutlich im August 1942 nach Treblinka deportiert und ermordet.
  • 1945 Beginn der pianistischen Ausbildung in Lódz, u.a. bei Emma Altberg.
  • 1948 Umzug nach Paris, um bei Lazare Lévy zu studieren. Nach einigen Monaten Unterricht bei dessen Assistentin wird Czajkowsky im Oktober 1948 in Lévys Klasse aufgenommen.
  • 1. Mai 1948 in der polnischen Botschaft: erstes öffentliches Konzert, mit Werken von Chopin und eigenen Kompositionen.
  • In Paris begegnet er seinem Vater, der Kontakt wird aber wieder abgebrochen. Czajkowsky lebt bei einer Schwester seiner Großmutter.
  • Juni 1950 Abschluss am Conservatoire mit Goldmedaillen in Klavier und Solfeggio. Rückkehr nach Polen.
  • 1951-54 Studium am Warschauer Konservatorium: Klavier bei Stanislaw Szpinalski und Komposition bei Kazimierz Sikorski. Beginn der lebenslangen Freundschaft mit Halina Wahlmann (später Janowska).
  • 1955 Tod der Großmutter Celina. 8. Preis beim Chopin-Wettbewerb in Warschau.
  • 1956 3. Preis beim Concours Reine Elizabeth in Brüssel. Artur Rubinstein überzeugt den Konzertmanager Sol Hurok, eine USA-Tournee zu organisieren und die Plattenfirma RCA, Aufnahmen zu produzieren. Im Interesse der Vermarktung wird der Name André Tchaikowsky etabliert.
  • Oktober 1956 Tchaikowsky verlässt Polen und lebt die nächste Zeit hauptsächlich in Paris und in Brüssel, wo er bei Stefan Askenase Unterricht nimmt und ihn zum Freund gewinnt. Beginn der Weltkarriere als Pianist.
  • 1956/57 Klavierkonzert Nr. 1, UA 16.3.1958 in Brüssel.
  • Sommer 1957 Kompositionsunterricht bei Nadia Boulanger.
  • 1959 Sonate für Klarinette und Klavier op. 1
  • 1960 Tchaikowsky verlegt seinen Lebensmittelpunkt nach London. Er reduziert seine Konzerttätigkeit aus Abscheu gegen die Usancen des Musikbetriebs, tritt aber weiterhin auf allen Kontinenten auf. Er begibt sich in psychiatrische Behandlung.
  • 1961/62 10 Inventions für Klavier op. 2
  • 1962-64 Concerto classico für Violine und Orchester, UA 5.2.2021 in Warschau.
  • 1965 Terry Harrison wird Tchaikowskys Konzertagent, daraus entwickelt sich eine dauerhafte Freundschaft.
  • 1966 Schauspielmusik zu Hamlet
  • 1966-71 Klavierkonzert Nr. 2 op. 4. UA 28.10.1975 mit Radu Lupu als Solist.
  • 1967 Seven Shakespeare Sonnets
  • 1968 Tchaikowsky erhält die britische Staatsbürgerschaft.
  • 1968-82 Oper The Merchant of Venice. UA Bregenzer Festspiele 2013.
  • 1969/70 Streichquartett Nr. 1 A-Dur op. 3. UA 10.7.1973 in Bonn.
  • 1973-75 Streichquartett Nr. 2 op. 5. UA 23.1.1978 in London.
  • 1976 Umzug von London nach Cumnor in der Nähe von Oxford.
  • 1978 Trio Notturno op. 6
  • 1980 Bei einem Aufenthalt in Israel erlebt Tchaikowsky ein Gefühl der Zugehörigkeit, nachdem er stets ein Außenseiter gewesen war. Er besucht daraufhin im April seinen Vater in Paris.
  • Januar 1982: Darmoperation und mehrwöchiger Krankenhausaufenthalt in Mainz.
  • 26. Juni 1982 André Tchaikowsky stirbt in Oxford.



Verlag: Josef Weinberger. Bisher ist nur ein Teil der Werke Tchaikowskys veröffentlicht worden.
www.josef-weinberger.com/music-in-print/composer/tchaikowsky-andre.

Porträtiert bei musica reanimata im 157. Gesprächskonzert am 19. Mai 2023.


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